Inflation und „Blaue Dollar“: Geld in Argentinien

Wir werden von Einheimischen oft gefragt: „für Euch Europäer ist ist es hier in Argentinien doch sehr preiswert zu reisen, oder?“. Dies ist (leider) nicht der Fall: das Preisniveau für Übernachtungen, Restaurantbesuche oder Einkäufe im Supermarkt ist vergleichbar mit dem in Deutschland.

Wir merken rasch, dass unsere Reisekasse stärker beansprucht wird, als geplant. Nachdem wir einige Zeit durchs Land reisen, verstehen wir besser warum dies so ist…

Wechselkurs
Nach den ersten Gesprächen mit Argentiniern wird uns bewusst: der Wechselkurs des Argentinischen Peso (ARS) wird staatlich festgelegt. Die internationalen Finanzmärkte sind sich jedoch einig: der reale Wert des Peso liegt deutlich niedriger.

Es existiert ein „Parallelmarkt“ für Devisen, insbesondere natürlich für den US Dollar. In Argentinien nennt man diesen auch „Blue Dollar“ – der Wert liegt zur Zeit ca. 50% (!!) über dem offiziellen Kurs der Regierung. Der inoffizielle Euro-Kurs folgt entsprechend. Inoffizielle Wechselstuben gibt es überall im Land – die „Cambio – Change Money“ Rufe hören wir in jeder Fußgängerzone. Aber: den Aufschlag von 50% gibt es nur für Bargeld – wir haben aus Vorsicht natürlich keine (nennenswerten) Bestände an Dollar oder Euro dabei.

Unsere Abhebungen am Geldautomaten anhand unserer Kreditkarten werden über die argentinische Staatsbank abgewickelt. Das bedeutet für uns: wir bezahlen für unsere Reisewährung drastisch zu viel. Wir sind durch unserer Plastikgeld praktisch in den hohen Preisen „gefangen“.

Inflation
Die Inflationsrate lag in den letzten 3 Jahren offiziell bei ca. 10% jährlich – unabhängige Beobachter geben jedoch ca. 25% zwischen 2010 – 2012 pro Jahr an. Die niedrigen Preisangaben im Reiseführer sind schon lange passé – wir finden europäisches Preisniveau vor.

Da die Einkommen in Argentinien natürlich weit unter dem europäischen Niveau liegen, friert die Regierung Preise für z.B. Lebensmittel ein.

Der Umtausch von Peso in Devisen ist Argentiniern nicht gestattet. Nur bei Nachweis einer Auslandsreise darf bis zu 200 USD pro Tag abgehoben werden. Eine Flucht in Fremdwährungen (und damit vor der Inflation) soll so verhindert werden. Der hohe Kurs des „Blue Dollar“ – ist so natürlich zu erklären.

Ein weiterer sichtbarer Effekt: wir sehen fast überall im Land Baustellen mit „Baustopp“ – nur teilweise fertiggestellte Gebäude warten darauf, das die Bauherren wieder liquide sind. Sobald „Geld übrig“ ist, wird weitergebaut. Bargeld möchte hier niemand lange in den Händen behalten.

Was denken die Argentinier?
Wir fragen uns natürlich oft „Wie können die Argentinier mit einerseits hohen Preisen und andererseits niedrigem Einkommen vernünftig leben? Hält das noch lange?“. Wir unterhalten uns oft mit Einheimischen – und erfahren einiges über ihre wirtschaftliche Lage und ihre Meinung über die Regierung. Menschen aus der „Mittelschicht“ sind uns gegenüber jedoch vergleichsweise wenig besorgt: „Die Löhne & Gehälter sind in den letzten Jahren schließlich gestiegen – wenn auch nicht so stark wie die Inflation“. „Es sieht doch gar nicht so schlecht aus. Den staatlichen Wechselkurs gibt es in Venezuela schon seit 8 Jahren – es funktioniert dort doch auch“.

Wir begegnen natürlich auch öfters Argentiniern in „einfachen Jobs“, diese haben 2 oder 3 Beschäftigungen und arbeiten 7 Tage die Woche.

Ende 2012 gab es in Argentinien Unruhen inkl. Plünderungen von Supermärkten. Im April 2013 erfahren wir im TV von Massenprotesten gegen die Regierung, gerichtet gegen Inflation und eine geplante Justizreform. Argentinien gilt in der westlichen Welt als „Land in der Dauerkrise“ – doch wie geht es weiter?

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2 Antworten zu Inflation und „Blaue Dollar“: Geld in Argentinien

  1. alicia sagt:

    Vuestra descripci´on sobre la situaci´on econ´omica en Argentina me ha gustado mucho. Yo tambi´en era de las que pensaba que en Argentina y como no , en general en Latinoam´erica, la vida era mucho m´as barata que en Europa. Craso error.
    Por cierto, Bayern gan´o anoche en Londres la Champions League con el gol de un holand´es . Paradojas de la vida :-))

    Besos
    Alicia

  2. Alvaro Berbel sagt:

    Auf dieses Thema ist interessant zu sehen dieses Video… eine Interview mit der Finanzminister aus Argentina. Es ist wirklich, keine Witze…
    #MeQuieroIr
    http://www.youtube.com/watch?v=o-Fe550j7Fc

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