Zu Besuch bei Rosa & Familie

05.07.2013, Azuay, Ecuador
Vor einigen Jahren haben wir eine Plan-Patenschaft für Rosa (11) in Ecuador übernommen. Neben der finanziellen Unterstützung der Arbeit von Plan International stehen wir von Anfang an in Briefkontakt mit Rosa. Damals hatten wir noch keine Vorstellung davon, dass wir tatsächlich einmal nach Ecuador reisen würden. Als unser Reise-Traum allmählich Gestalt annimmt, nehmen wir uns natürlich fest vor, Rosa zu besuchen. Nach mehrwöchigem Kontakt mit dem Plan-Büro in Azuay können wir uns freuen: der Besuch klappt! Wir sind natürlich sehr aufgeregt…

Es geht los!
Wir werden früh morgens von den Plan-Mitarbeitern Segundo und Marcela in unserem Hotel abgeholt. Beide machen einen sehr offenen und freundlichen Eindruck und lachen viel – so das wir uns direkt gut aufgehoben fühlen. Wir fahren zunächst in das Plan-Büro in Azuay um mehr über die Arbeit von Plan in der Region zu erfahren. Neben Kinderschutz ist in Ecuador die Arbeit an den Geschlechterrollen im Fokus.Dies geschieht durch Arbeit in den Gemeinden und an den Schulen. Insbesondere Mädchen sind in der hiesigen Kultur benachteiligt: sie werden oft als nachrangig angesehen. Meist genießen Jungen bessere Schulbildung und bekommen z.T. mehr Essen als Mädchen. In ländlichen Gebieten ist es durchaus üblich, das Mädchen bereits mit 13-16 Jahren Kinder bekommen.

Auf dem Weg in Rosas Dorf erfahren wir vieles mehr über das Leben in den hiesigen ärmeren indigenen Gemeinden. Unterwegs kaufen wir einige Geschenke ein: Lebensmittel für die Familie, Schokolade für jedes Familienmitglied (Ritter-Sport!), ein Scrabble-Spiel für Rosa, 2 Bälle für die Schule. Marcella und Segundo helfen uns bei der Auswahl der Mitbringsel: Was macht Sinn? Was wäre zu viel?

Nach ca. 1,5 Std. sind wir vor Ort. Unvermittelt hält der Plan-Pickup vor dem Haus von Rosas Familie. Wir steigen aus, schon kommen uns Mutter Gerardina, Schwester Rocio und 2 Plan-Helferinnen („Voluntarias“) entgegen – und begrüßen uns. Rosa taucht etwas schüchtern aus dem Hintergrund auf – man merkt das sie nicht so gleich als Hauptperson im Rampenlicht stehen will. Wir sind sehr aufgeregt – und zwar so sehr, das wir unsere Spanischkenntnisse vergessen und Rosa mit „Sie“ (= “usted“) ansprechen. Wir setzen uns, werden sogleich mit einem Imbiss bewirtet: kross gebratene Schweinehaut, Kartoffeln, Schweinefleisch, große weiße Maiskörner. Wir essen mit den Händen.

Wie gut das wir Familienfotos aus Deutschland mitgebracht haben. Wir zeigen Rosa und Familie die Fotos unserer Eltern, Geschwister, Neffen, Nichten. Rosa freut sich sehr darüber und möchte die Fotos behalten.

Finca-Besuch
In einem früheren Brief hat Rosa von ihren Haustieren geschrieben. Wir fragen sie danach – und treffen ins „Schwarze“. Sie freut sich und erzählt –  das Eis taut auf. Die Familie hat ein kleines Stück Land (Finca) – Rosa ist für die Kühe und Meerschweinchen zuständig. Es gibt noch einige andere Tiere: Schafe, Forellen, 2 Enten, Hund Nena. Stolz zeigt uns Rosa Ställe, Teich und die Tiere auf der Wiese. Wir spazieren mit Familie und Plan-Helfern schwatzend über die Finca. Die Stimmung ist fröhlich – wir freuen uns so nett aufgenommen zu werden.

Auf dem Rückweg zum Haus der Familie machen wir einen Abstecher zur Schule. Die Schulferien haben gerade begonnen – jedoch sind noch einige Lehrer aufgrund von Nachprüfungen vor Ort. (Rosa bemerkt stolz, das sie an den Nachprüfungen nicht teilnehmen muss…) Der Schuldirektor ist erstaunt über Besuch aus Übersee und lädt uns in sein Büro ein. Nach Aussage des Direktors gibt es einige wenige höhere Schulabschlüsse an der Schule – Tendenz jedoch steigend. In den letzten Jahren haben 3 Schüler ein Hochschulstudium aufgenommen. Laut Aussage der Plan-Mitarbeiter besteht die berufliche Perspektive im Ort ausschließlich in der Landwirtschaft. Warum also bis zum 18. Lebensjahr zur Schule gehen? In Ecuador gibt es nur 6 Pflichtschuljahre. Wir übergeben die 2 Bälle dem Direktor – der freut sich riesig darüber – und segnet die Gastgeschenke.

Abschied
Nach unserer Rückkehr ins Haus der Familie übergibt uns Rosa ein Geschenk: für jeden eine selbstgestrickte Mütze & Handschuhe – aus der Wolle der familieneigenen Schafe. Wir freuen uns riesig!

Wir machen einige Gruppenfotos zum Abschied. Rosa möchte uns jedoch noch das „Paraiso“ (das Paradies) zeigen : den Dorf-Fußballplatz mit Fahrrad-Cross Strecke und angrenzendem Spielplatz. Wir beschließen, noch ein wenig zu bleiben. Überall werden wir von neugierigen Dorfbewohnern angesprochen, zu frischen Erdbeeren eingeladen, man öffnet extra für uns die Dorfkirche.

Irgendwann kommt dann doch der Abschied – dieser fällt uns nicht leicht. Schließlich lässt sich dieser Besuch nicht so einfach wiederholen! Wir freuen uns darüber, das unsere Plan-Patenschaft nun nicht mehr „nur auf dem Papier“ besteht, sondern sich „echt“ anfühlt. Auch Mutter Gerardina sagt zum Abschied, das sie sich sehr darüber freut, das sie nun weiß wer die Paten von Rosa sind.

Gedanken zum Schluss
Bei unserem Besuch sehen wir, wie sehr unsere Patenschaft gebraucht wird. Gerardina und Kinder leben hauptsächlich von dem (kleinen) Stück Land. Zum Überleben scheint es zu reichen – jedoch ist es nicht einfach Geld für Dinge aufzutreiben, die sich nicht ertauschen lassen.

Das Haus ist (wie vor Ort üblich) sehr bescheiden – der Boden besteht aus nacktem Stein, die Wände sind kahl, eine Heizung ist nicht vorhanden. Im Haus gibt es wenigstens fließendes Wasser & eine Toilette. Zum Schlafen steht für die gesamte Familie nur ein Bett zur Verfügung. Dennoch wirken Gerardina und Kinder fröhlich und gut gelaunt.

Gedanken die bleiben: wie schaffen es eigentlich z.B. die Menschen in Deutschland trotz Wohlstand sich in Unzufriedenheit & Pessimismus zu üben?

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2 Antworten zu Zu Besuch bei Rosa & Familie

  1. Jörg Menker sagt:

    Hallo Ihr beiden,

    das war doch einmal eine wirklich tolle Aktion, bei der man sehen konnte, dass Gelder vernünftig angelegt werden und realen Menschen zugutekommen. Finde ich klasse!

    Gruß und weiterhion viel Freude auf Eurer Reise

    Jörg

  2. Fritz sagt:

    Hallo Ihr beiden, ich kann mir vorstellen, dass der Besuch bei Rosa total aufregend und interessant für Euch war. Ich hatte vor vielen Jahren auch einmal so eine Patenschaft über viele Jahre, als ich noch unverheiratet war und ohne eigene Kinder. Ich habe das kleine Mädchen aber nie getroffen, es blieb dadurch irgendwie entfernt und fast unwirklich trotz einiger Briefe.
    Euch herzliche Grüsse und alles Gute
    Fritz

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