Am westlichen Kap

11.09.-28.09.2013, Rund um Kapstadt, Südafrika
Nach der Landung in Johannesburg kurieren wir den Jetlag im Garten unseres Hotels aus. Die Hotelanlage ist mit doppelten Schranken, hohen Mauern und Elektrozäunen gesichert: Jo’burg gilt als Brennpunkt für Armut & Kriminalität. Wir haben schon im Vorfeld beschlossen, nach nur 3 Nächten weiter ans Kap zu fliegen.

Zuvor besuchen wir das Apartheid-Museum. An der Kasse werden wir per Zufallsmechanismus „klassifiziert“: Lutz ist „schwarz“, Sylvia ist „weiß“. Wir müssen das Museum durch getrennte Eingänge betreten, besuchen anfangs unterschiedliche Räume. Die Ausmaße der Unterdrückung und ihrer perversen Logik geht uns unter die Haut. Seit fast 20 Jahren ist das Apartheid-System abgeschafft… wir sind gespannt darauf zu erleben wie die Menschen in Südafrika heute (miteinander) leben.

Entlang der Garden-Route
In Kapstadt haben wir die Gelegenheit mit den Geschwistern Berenike und Marlene ein paar Tage lang mit dem Mietwagen entlang der „Garden Route“ zu fahren. Wir teilen den Fahrdienst auf – so kann sich jeder langsam an Linksverkehr und riskante südafrikanische Fahrweise gewöhnen.

Erster Highlight ist der kleine Ort Hermanus, in diesem wir (aus einiger Entfernung) einen Buckelwal in der Bucht beobachten können. Die Küste am Kap ist schroff – die Brandung mit meterhohen Wellen enorm. Besonders hoch sind die Wellen am südlichsten Punkt Afrikas (Kap Agulhas), an dem Indischer Ozean und Atlantik aufeinandertreffen bzw. prallen. Dieses ist der zweite Besuch des südlichsten Punktes eines Kontinents während unserer Reise!

In Südafrika herrscht zur Zeit Frühling. Die üppig grünen Wiesen am Wegesrand sind übersät mit bunten Blumen. Der Name „Garden Route“ kommt also nicht von ungefähr. Wir passieren zahllose Weinfelder – von der Qualität der Kap-Weine können wir uns reichlich überzeugen. Sehr angenehm für uns: durch die Schwäche des Südafrikanischen Rands schlagen vergleichbare Restaurant-Besuche nur mit ca. 50% des in Deutschland üblichen Preisrahmens zu Buche. Wir nutzen dies mit Hingabe aus – und stoßen auf einige Beispiele hervorragender Gastronomie. Europäische, Afrikanische, asiatische Küchen treffen aufeinander und werden an vielen Stellen auf interessante Weise kombiniert.

Am letzten Stopp unserer Mietwagen-Tour besuchen wir den Elefanten-Park in Knysna. Auf späteren Safari-Touren werden wir bestimmt viele wilde Elefanten sehen – jedoch nur vom Safari-Fahrzeug aus. Im Elefanten-Park können wir die riesigen Tiere füttern und anfassen. Wir sind überrascht, das sich die Dickhäuter warm und weich anfühlen. Die runzelige Haut ist mit stoppeligen Haaren übersät. Unsere Streicheleinheiten werden wir mit Sandwürfen quittiert – Elefanten werfen zum Schutz vor Sonne und Fliegen Staub auf ihre (empfindliche) Haut.

Neue Hoffnung und alte Mauern
Wir hören oft: die Trennlinie zwischen den Menschen in Südafrika verläuft fast 20 Jahre nach der Apartheid nicht mehr vorrangig zwischen den einzelnen Rassen oder ethnischen Gruppen, sondern zwischen den sozialen Schichten. Vieles ist im Wandel. So laufen z.B. seit fast 15 Jahren soziale Wohnungsbauprojekte in den Townships. Bei unserem Besuch des Knysna Townships sehen wir „alte“ ärmliche Wellblechhütten unmittelbar neben den Steinbauten des Property Development Programs der Regierung. Strom und Wasserversorgung sind großflächig vorhanden. Arbeitslosigkeit und Alkoholismus sind jedoch nach wie vor ein großes Problem. Die Einnahmen der Township-Tour fließen in ein „Safehouse“ für Kinder aus (meist durch Alkoholismus) zerrütteten Familien. Um den „Armuts-Teufelskreis“ zu durchbrechen, setzt der Staat vor allen Dingen auf Bildung: kostenfreie Schulbesuche, Bibliothek und Internetzugang werden innerhalb des Townships ermöglicht. Es gibt jedoch Unterschiede: die Townships nahe der großen Städte (insbesondere Johannesburg) sollen nach wie vor viel hoffnungsloser sein, als das von uns besuchte.

Unser Tour-Guide Orin erzählt uns seine Geschichte. Bis vor 12 Jahren war er in der Marketing-Abteilung einer großen Spedition tätig. Bedingt durch den „Black Economic Empowerment Act“ (B.E.E.A.) wurde er gekündigt: sein Job wurde durch einen schwarzen Südafrikaner besetzt. Das Gesetz schreibt unter anderem eine Mindestquote für Angehörige schwarzer Hautfarbe in allen Positionen eines Unternehmens vor. Orin sagt: „Ich denke heute nicht mehr negativ über den B.E.E.A. Die Leute haben lange genug gelitten. Ich führe heute Touristen durch die schwarzen Townships und mache das gerne.“

Schon in Neuseeland lernen wir Steve und Dana aus Südafrika kennen. Die beiden wollten gemeinsam mit kleiner Tochter aus Südafrika nach NZ auswandern. Steve: „Aufgrund des B.E.E.A. finde ich in Südafrika keinen neuen Job“. Neuseeland ist sehr strikt in Sachen Einwanderungsbedingungen. 6 Wochen später sind die beiden wieder in Kapstadt. Wir treffen uns zum Frühstück. Steve: „Es war ein Fehler auszuwandern. Südafrika ist das unglaublichste Land das ich kenne. Wir bleiben hier, ich werde mich jetzt als Bauleiter selbständig machen.“

Für einige Südafrikaner scheinen die alten Denkweisen im Kopf jedoch noch zu bestehen. Wir treffen im Hotel einen Gartenbau-Unternehmer aus Kapstadt, der uns sagt: „Ich stelle nur ‘Weiße’ und ‘Coloured People’ ein. Schwarze Südafrikaner können nicht hart arbeiten“.

Wieder zurück in Kapstadt
Nach gut 2 Wochen am Kap möchten wir weiter Richtung Namibia, Botswana und Zimbabwe reisen. Wir überlegen: welche Art zu Reisen wählen wir? Die Entfernungen sind sehr groß, asphaltierte Straßen außerhalb Südafrikas selten. Wir entscheiden uns für eine „Overland Tour“ mit einer Tour-Gruppe.. Das heißt: Reisen im umgebauten Allrad-LKW, Übernachten in Zelten (teils auf Camping-Plätzen, teils im „Busch“). Mithelfen bei Camp-Aufbau und Kochen sind Teil des Konzepts.

Bislang sind wir während unseres Reisejahres „selbständig“ gereist – diese Gruppenreise ist für uns also eine neue Erfahrun. Wir verlassen am 29.09. Kapstadt mit dem Overland Truck Richtung Namibia. Wir haben das Gefühl, das unser Afrika-Abenteuer jetzt erst so richtig beginnt…

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Eine Antwort zu Am westlichen Kap

  1. Klaus sagt:

    Hey Ihr Weltenbummler!

    Wieder ein sehr interessanter Bericht, der trotz der Schilderung der Post-Apartheit-Gesellschft große Lust darauf macht, dieses spannende Land zu bereisen. Die vielseitige Natur, die Tierwelt erscheinen sehr verlocken! – Aber auch gut, dass Ihr mit den Menschen ins Gespräch kommt und so mehr erfahrt als die typischen Touries
    Da ich schon länger nicht in Eurem Blog gelesen habe muss ich jetzt noch etwas “nacharbeiten”…

    LG Klaus

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